Der Hund lief durch die nächtlichen Gassen und ab und zu schüttelte er sich wegen des ungewohnten Gewichts, das er um den Hals trug. Sein Magen knurrte. Das Brot des Mädchens hatte nicht gereicht, um seinen Hunger zu stillen. Also machte er sich auf, sein Glück weiter oben in der Stadt zu suchen. Ihm war nach Knochen zum Abnagen und nach Breiresten in Schüsseln. Er wollte es zuerst einmal hinter dem Wirtshaus versuchen. Vielleicht würde ihm ja noch einmal ein Mensch etwas schenken.
Beschwingt trabte er durch die Burgstadt. Als er einen anderen Hund sah, wedelte er freundlich im Vorbeigehen. Dem anderen blieb das Knurren im Hals stecken.
Genauso machte er es mit einer Katze, die auf einem Zaunpfahl hockte und sich sträubte wie ein alter Besen. Die Katze vergaß vor lauter Verwunderung das Fauchen.
Weiter lief der Hund und schon hörte er die grölenden Stimmen aus dem Wirtshaus und der Duft von gebratenem Fleisch stieg ihm in die Nase. Mit aufgestellten Ohren lugte der Hund um die Hausecke in den Hinterhof. Dort stand ein Knecht, der gerade dabei war, einen Bratspieß aufzustecken. Als er den struppigen Hund so um die Ecke schauen sah, lachte er.
„Ei, du lustiger Kerl, du weißt schon, dass es dir nicht gefallen würde, wenn der Wirt dich hier sähe!“
Der Hund kam ganz um die Ecke, schaute den Knecht an, legte den Kopf schief und wedelte. Da lachte der Knecht noch mehr und tat, was er sonst nie tat: Er nahm einen Brocken Fleisch vom Spieß und warf ihn dem Hund zu.
Der Hund schnappte geschickt das Fleisch aus der Luft und verschlang es an einem Stück. Und dann dachte er sich wohl, wo es ein Stück gibt, da gibt es sicher auch mehr. Und wieder wedelte er mit schiefgelegtem Kopf. Aber da polterte es an der Hintertür und der Knecht erschrak.
„Pack dich!“ zischte er dem Hund zu und warf einen leeren Spieß nach ihm. Der Hund sauste hinaus auf die Gasse und rannte – mehr aus Lust am Rennen, denn aus Angst – eine Weile die Hauptstraße entlang. Das war ein feiner Beginn für eine Nacht. Was war er doch für ein Glückspilz! Da wartete doch bestimmt noch mehr Gutes auf ihn.
Er lief den Berg hinauf in die oberen Gassen. Hier war er noch nie gewesen. Die Nachtluft war wunderbar frisch und er fühlte sich ganz leicht. Wie herrlich war es doch, frei zu sein und einfach seiner Nase zu folgen.
Ein Duft lockte ihn an. Es war kein Geruch nach Braten oder Brei, nach backendem Brot oder kochender Suppe. Es roch einfach – gut! Es duftete nach Pflanzen und nach Trockenheit – nun ja, auch nach Aas und einem stinkenden Kerl, aber irgendwie eben auch sehr, sehr gut.
Der Hund kam an eine große Tür. Dort kam der Duft her! Er stopfte seine Nase in den Türspalt und sog diesen tollen trockenen Duft ein. Was war das? Das wollte er wissen. Und weil er schon satt war, hatte er Zeit, seiner Neugierde nachzugehen.
Der Hund stellte sich auf die Hinterbeine und drückte mit den Pfoten gegen die Tür. Aber außer, dass sie ein bisschen wackelte, geschah nichts. Dann versuchte er, unter der Tür zu graben, aber da waren große Steine. Schließlich wurde der Hund ein wenig übermütig und verlegte sich darauf, leise zu bellen.